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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Velde, Henry van de: Werkstätten für Handwerks-Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0161

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•54

INNEN-DEKORATION.

GERTRUD KLEINHEMPEL. Garderobe-GestelL
Ausgeführt von den Dresdener Werkstätten für Handwerks-Kunst.

selbst Das Leben entwickelt sich dem Anscheine
nach nicht stufenweise, oder wenn es so erscheint,
kann man nicht glauben, dass der höheren Stufe
keine vorbereitende vorangegangen sei. Und so
ist auch unsere kunstgewerbliche Renaissance-
Bewegung nur eine neue und unvermeidliche Ueber-
gangs-Stufe, ein Wendepunkt des Lebens.

Vor kaum 10 Jahren ist dieses Kind geboren,
und man kann vernünftigerweise noch nicht daran
denken, es sich schon selbst zu überlassen; die
Künstler des Kontinents werden noch lange seine
natürlichen Lehrer bleiben. Ehe nicht eine Menge
Material vorhanden ist, aus der die Handwerker
schöpfen können .bedürfen wir frucht-
barer Künstler, die den Bäumen
gleichen, von denen man den Samen
schütteln kann. Wir müssen die Vor-
rats-Kammern füllen, und dann wird
die grosse Menge gereifter Ideen
den Stil hervorbringen. Soviel zur
Erklärung der scheinbaren Abnor-
mität, die ich erwähnte. Wir dürfen
uns über die Unvollkommenheiten
trösten, die noch lange in der Aus-
führung bestehen werden! Ander-
wärts sind die Vorrats-Kammern ge-
füllt ; in England, in Japan (den beiden
letzten Einflüssen, die in Mittel-
Europa so sehr auf uns gewirkt

haben) erschöpft sich das Ideen-Material, und später,
viel später werden sie gleich uns für die Erwerbung
neuer Vorräte zu kämpfen haben und sie werden
dann die nämliche Krisis durchmachen wie wir jetzt.

Die eine Abnormität erklärt die andere, und
dass der Schöpfer nicht zugleich Ausführer ist, erklärt
die Notwendigkeit von Vermittlern zwischen dem
Handwerker und dem Publikum. — Aber wenn ich
so die Abnormität darlege, erscheint sie grösser, als
sie in Wirklichkeit ist, und ich muss versuchen, sie
anders zu erklären. Ich habe schon erwähnt, dass ich
anfangs der Meinung war, dass Vermittler nur der
Bewegung schaden könnten; der Grund liegt darin,
dass mir die Aufgabe, die ich und andere erfüllen
sollten, zuerst anders erschien, als wie ich sie jetzt
auffasse, und dass ich glaubte, dass wir vielmehr Hand-
werker als Künstler seien. Ich versuchte auf Kosten
der grössten materiellen Opfer und einer gänzlichen
Erschöpfung meiner physischen Kräfte, dieses Ideal
zu verwirklichen: nämlich die Schölling verschiedener
Ateliers, wo unter meiner Leitung alles, was ich
entwarf, ausgeführt wurde! Ich habe diesem Ideal,
das mich blendete, fast zwei Jahre gelebt, dank den
Opfern von Freunden, die, meinem Gedanken ergeben,
sich bewusst waren, dass es sich in der That um eine
Verbesserung des Lebens, einer Wiederaufrichtung
seiner Würde und um die Wiedereroberung der
Freude, die in ihm liegt, handelte. Aber dieses
Ideal verschlingt grosse Kapitalien, und frass auch
mir ins Fleisch. Im Allgemeinen ist der Künstler
wenig kaufmännisch veranlagt, und das Gelingen
eines derartigen Werkes beruht auf einer voll-
kommenen Organisation aller Angelegenheiten, und
diese ganz einfache Darlegung erklärt die absolute
Notwendigkeit für uns Künstler, die wir für das ganze
Bereich der industriellen Künste schaffen, Vermittler
für die Ausbeutung unserer Schöpfungen zu finden.

Dies leuchtete den Kaufleuten eher ein als uns

GEK'IKII) KI.EIMIKMPEI, X- MARGARETE JUNGE.

Garten-Möbel.
 
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